Freitag, 30. März 2012

Von Wurzeln und Vulkanen

Ich erinnere mich an meinen ersten Tag in Australien, als wäre es gestern gewesen. Gerade aus der bedrückenden Enge des Flugzeugs ins grelle Sonnenlicht Sydneys gestolpert, wurden Nils und ich in einen Shuttlebus verfrachtet und ins Stadtzentrum gebracht. Dort mussten wir im Hauptquartier unserer Backpacker-Organisation eine gefühlte Ewigkeit warten, bevor wir in unser allererstes Hostel ziehen konnten. Heute, 209 Tage und 33 Hostels später, bin ich an ebendiesen Ort zurückgekehrt und sitze auf derselben Couch, auf der ich damals hockte und mich wie ein entsetzliches Greenhorn fühlte.
Körperlich bin ich also wieder an meinen australischen Wurzeln angekommen, im Geiste bin ich aber noch in Neuseeland. Ich habe auch allen Grund dazu, denn schließlich muss ich die Geschichte meiner Reise durch dieses wunderbare Land noch zu Ende erzählen. Wahrscheinlich werde ich dazu mehr als diesen einen Blogeintrag benötigen, aber das sollte kein Problem sein, da für die nächsten drei Wochen in Sydney sowieso nicht allzu viel geplant ist.
Nachdem mich nur der Sicherheitsdienst daran hindern konnte, mich in einer Hobbithöhle zu verschanzen und sie zum „besetzten Haus“ zu erklären, musste ich wohl oder übel in den Bus steigen und das Hobbiton Movie Set hinter mir lassen. Die nächsten Tage verbrachte ich in Rotorua und Taupo. Die Gegend um Rotorua gehört zu den drei geothermisch aktivsten Regionen der Welt* und ist außerdem das Zentrum der Maori-Kultur. Ich habe leider nur eine Nacht in der Stadt verbracht und deshalb von beidem nicht viel mitbekommen. Das Einzige, was mir bei einem kurzen Erkundungstrip auffiel, war der penetrante Geruch von faulen Eiern, der einem an allen Ecken in die Nase stieg. Dieser wird von schwefelhaltigen Gasen verursacht, die aus dem Erdinneren aufsteigen. Aus diesem Grund wird Rotorua gelegentlich scherzhaft als „Rotten-rua“ („Faul-rua“) bezeichnet. Mein nächstes Etappenziel war Taupo am gleichnamigen See. Ich habe in der Gegend ein paar schöne Tage verbracht (siehe Fotos zu den Huka-Falls und „Craters of the Moon“), aber das einzig Erwähnenswerte ist wohl, dass dort am Tag nach meiner Abreise der Ironman New Zealand stattfand und deshalb das ganze Städtchen in Aufruhr war und von ebenso vielen echten wie Möchtegern-Triathleten überlaufen wurde. Wäre ich noch zwei Tage länger dort geblieben, hätte ich selbstverständlich teilgenommen – und wäre wohl nach drei Kilometern im eiskalten See ertrunken.
Auf dem Weg gen Süden legte mein Reisebus einen Zwischenstopp in Waitomo ein. Ich hatte mich schon auf die dortigen „Waitomo Glowworm Caves“ gefreut, bevor ich überhaupt nach Neuseeland gekommen war. Die Kalksteinhöhlen an sich sind schon sehenswert, mit unzähligen Stalaktiten, Stalagmiten und einem unterirdischen Fluss, der sich lautlos seinen Weg durch das Höhlensystem bahnt. Die eigentliche Attraktion sind aber die Glühwürmchen, die den „Glowworm Caves“ ihren Namen geben. Tatsächlich handelt es sich um eine nur in Neuseeland vorkommende Mückenart (Arachnocampa luminosa - für die, die es genau wissen wollen), die sich im Larvenstadium an der Höhlendecke ein Nest baut und von dort bis zu 70 klebrige Seidenfäden in die Dunkelheit des Höhleninneren herabhängen lässt. Die Larve beginnt zu leuchten, um andere Insekten anzulocken. Diese fliegen in Richtung des Lichts, verfangen sich in den Seidenfäden, werden von der Larve langsam nach oben gezogen und gefressen. Clever, nicht wahr? Jetzt stellt euch eine Höhle vor, in der Abertausende dieser Larven leben und die Decke in einen Sternenhimmel verwandeln. Und die Besucher treiben in einem Boot durch den unterirdischen Fluss, umgeben von perfekter Stille und nahezu totaler Finsternis, die nur von den Myriaden Lichtpunkten über ihnen unterbrochen wird. Leider war zum Schutz der Tiere Fotografieren strengstens verboten. Ich habe deshalb drei Bilder aus dem Internet heruntergeladen und füge sie zwischen meinen eigenen Fotos unter dem Text ein.
Dann ging es weiter in den Tongariro National Park. Hier musste ich mich von meiner treuesten Begleiterin verabschieden. Ich habe sie sehr geachtet und mehr als einmal ihre beeindruckenden Fähigkeiten bewundert. Doch im entscheidenden Moment hat sie mich im Stich gelassen. Ich spreche natürlich von meiner Kamera. Am Tag vor meiner geplanten Wanderung durch den Nationalpark wollte ich sie anschalten, nur um ziemlich entsetzt feststellen zu müssen, dass sie unter mysteriösen Umständen in die ewigen Jagdgründe eingegangen war. Ich musste darum in den nächsten Tagen mit meinem Handy Fotos machen, bis ich mir kurz vor der Überfahrt auf die Südinsel eine neue Kamera kaufen konnte. Da ich aufgrund fehlender Software momentan nicht in der Lage bin, die Bilder von meinem Handy auf meinen PC zu kopieren, kann ich leider für diesen Zeitraum nicht mit Fotos dienen. Das ist sehr schade, denn der Tongariro National Park ist eine der schönsten Landschaften, die ich jemals gesehen habe. Ich habe die rund 20 Kilometer lange „Tongariro Alpine Crossing“ gemacht, die als beste eintägige Wanderung Neuseelands gilt. Sie führt von 1100 Metern über dem Meeresspiegel bis auf beachtliche 1886 Meter und dann wieder hinunter auf rund 700 Meter. Für die Strapazen, die dieser große Höhenunterschied mit sich bringt, wird man aber fürstlich entlohnt, wenn man ganz oben angekommen ist und über die umliegenden rauchenden Vulkane und glitzernden Bergseen blicken kann. Einer der aktiven Vulkane, Mt. Ngauruhoe (2291m), diente in den Der-Herr-der-Ringe-Filmen als Schicksalsberg.
Im nächsten Eintrag entführe ich euch dann endlich auf Neuseelands Südinsel, von der viele Besucher sagen, dass sie noch schöner als die Nordinsel sei. Ob das stimmt, werden wir sehen...

 *Die anderen Beiden sind Island und Yellowstone National Park in den USA.

In der Gegend um Lake Taupo. Wer gute Augen hat, kann auf der Klippe im Hintergrund eine Bungy-Jumping-Plattform erkennen

Kajakfahrer am Lake Taupo

Die Huka Falls, Neuseelands meistbesuchte natürliche Attraktion

Der Wasserfall ist nicht besonders hoch, aber hier ergießen sich 220.000 Liter Wasser pro Sekunde in das Becken darunter

"Craters of the Moon" - eine geothermisch aktive Landschaft in der Nähe von Taupo

Der Schwefelgeruch war allgegenwärtig...

Der fruchtbare Boden und die warme Luft, die aus dem Erdinnern aufsteigt, bieten sehr gute Bedingungen für das Wachstum von Pflanzen

Neben den unzähligen Kratern gab es auch einige Becken mit blubberndem Schlamm zu bestaunen

Waitomo Glowworm Caves - Wem das nicht gefällt, der hat kein Herz


Hier sieht man die klebrigen Seidenfäden, die die Mückenlarven zum Beutefang herablassen

Dieses Bild spiegelt die Lichtverhältnisse in den Höhlen etwas besser wider als die Vorigen

Sonntag, 18. März 2012

Fan oder Fanatiker, das ist die Frage!


Diesen Blogeintrag widme ich ganz und gar meinen Erlebnissen im Auenland. Es ist zwar schon einige Wochen her, dass ich das Hobbiton Movie Set auf der Nordinsel besuchte, aber irgendwo muss ich ja anfangen, meinen großen Rückstand in der Berichterstattung wieder aufzuholen. Wohlan denn, eine Geschichte von der Schönheit Mittelerdes und vom Wahnwitz der Filmindustrie wartet darauf erzählt zu werden!*
Nachdem ich die Coromandel-Halbinsel hinter mir gelassen hatte, brachte mich der Reisebus in die Nähe von Matamata, einer kleinen Stadt im grünen Herzen der Nordinsel. Unser Ziel war ein unscheinbares Bauerngehöft am Straßenrand, das von sanften, grasbewachsenen Hügeln umgeben war, auf denen unzählige Schafe weideten. Es bestand aus einem Café, einem kleinen Souvenirgeschäft und einer Scheune, in der Schervorführungen stattfanden. Keine sonderlich beeindruckende Infrastruktur, wenn man bedenkt, dass hier jährlich Millionen umgesetzt werden. Ein großes Schild am Eingang begrüßte die ankommenden Gäste mit „Willkommen am Hobbingen Filmset“, aber von Hobbithöhlen war erst mal gar nichts zu sehen. Doch das sollte sich bald ändern. Nachdem ich den astronomischen Eintrittspreis bezahlt hatte, stieg ich mit rund fünfzig Gleichgesinnten in einen anderen Bus. Jeder Einzelne strahlte wie ein kleines Kind. Während der fünfzehnminütigen Fahrt, die uns weg von der Asphaltstraße und mitten ins Farmland führte, fragte uns der Busfahrer, der gleichzeitig eine Art Einheizer war, wer sich als Fan und wer sich als Fanatiker bezeichnen würde. Die Allermeisten hoben ihre Hand bei „Herr-der-Ringe-Fanatiker“. Auch ich meldete mich, immerhin hatte ich jeden der drei Filme mindestens fünf Mal gesehen, die Buchtrilogie gelesen, ein Filmposter über Jahre in meinem Zimmer hängen gehabt und sogar eine Zeit lang winzige Spielfiguren von Orks, Elben und Menschen gesammelt, in stundenlanger Handarbeit einzeln bemalt und in epischen Schlachten aufeinander gehetzt. Doch mein Weltbild wurde erschüttert, als der Fahrer als nächstes fragte, wer schon mal alle drei Filme hintereinander gesehen hatte. Erneut schossen die meisten Hände in die Höhe. Mein Arm blieb unten. Hatten diese vierzig Verrückten tatsächlich alle drei Filme am Stück gesehen? Wir sprechen hier immerhin von einem zehnstündigen Fernsehmarathon. Auf einmal fühlte ich mich gar nicht mehr so fanatisch. Dann erzählte der Busfahrer, dass sich einige der besonders enthusiastischen Besucher als Hobbits verkleiden, wenn sie das Set besuchen – inklusive behaarter Füße, versteht sich. Am komischsten war ein deutscher Tourist, der in voller Hobbit-Montur zur Führung kam. Der Gute wäre auch fast als echter Halbling durchgegangen, wenn er nicht 2,10m groß gewesen wäre. Angesichts solches Ganzkörpereinsatzes musste ich doch einsehen, dass ich soeben zum stinknormalen Fan degradiert wurde.
Schließlich erreichten wir das eigentliche Filmset. Es war noch schöner, als ich es erwartet hatte. Die Landschaft war herrlich und die Hobbithöhlen waren mit so viel Liebe zum Detail gestaltet, dass es mich nicht im Geringsten wunderte, dass der Aufbau des Sets volle neun Monate gedauert hatte. Ich möchte an dieser Stelle eine kleine Anekdote anbringen, die meiner Meinung nach perfekt den unglaublichen (und sicherlich übertriebenen) Aufwand verdeutlicht, der von allen Beteiligten betrieben wurde, um das Auenland zum Leben zu erwecken. Sie dreht sich um einen Baum. In Tolkiens Büchern wurde beschrieben, dass über Bilbo Beutlins Hobbithöhle eine Eiche stand. Peter Jackson, der Regisseur der Filme, wollte im Sinne der Authentizität ebenfalls eine Eiche über der Hobbithöhle platzieren. Auch der unglückliche Umstand, dass es auf der gesamten Farm keine einzige Eiche gab, ließ ihn nicht von dieser Idee abweichen. Einen neuen Baum zu pflanzen und wachsen zu lassen dauerte selbstverständlich viel zu lange. Deshalb wurde eine schöne Eiche von einer der Nachbarfarmen ausgesucht. Diese wurde über eintausend Mal aus allen möglichen Perspektiven fotografiert und dann kurzerhand in feuerholzgroße Stücke zersägt. Die Einzelteile brachte man ans Set und setzte sie mit Hilfe der Fotos oberhalb der Höhle wieder zusammen. Da der ganze Vorgang im Winter vonstattengegangen war, hatte die bemitleidenswerte Eiche natürlich keine Blätter getragen. Es war auch nicht zu erwarten, dass ein in hunderte Klötze zerschnittener Baum je wieder austreiben würde. Deshalb importierten die Filmemacher 250.000 künstliche Eichenblätter aus Taiwan. Zehn Studenten der Universität Wellington hatten dann die ehrenvolle Aufgabe, jedes einzelne Blatt mit Draht an dem toten Baum zu befestigen. Und das alles für eine Eiche, die im Film nur für wenige Sekunden im Hintergrund zu sehen ist!
Aber es kommt noch besser: Nachdem die Dreharbeiten für die Trilogie im Frühjahr 2000 abgeschlossen waren, kümmerte sie niemand mehr um das Filmset. Es wurde größtenteils demontiert, der Rest dem langsamen Verfall überlassen. Die tote Eiche verrottete und drohte umzustürzen, deshalb wurde sie erneut zerlegt und verbrannt. Vor einigen Jahren jedoch wurde klar, dass der ganze Filmzirkus noch einmal nach Matamata zurückkehren würde, um den neuen Zweiteiler „The Hobbit“ zu drehen. Dazu musste das gesamte Filmset wieder in den ursprünglichen Zustand der ersten Dreharbeiten versetzt werden, denn das Auenland durfte sich ja nicht plötzlich verändert haben. Dieses Mal wurde eine komplett künstliche Eiche geschaffen, die der originalen Eiche bis ins Detail gleicht (Ich frag mich bloß, warum man nicht schon beim ersten Mal auf diese Idee gekommen ist). Erneut wurden 250.000 Eichenblätter importiert und in Handarbeit einzeln am Baum befestigt.
Doch dann kam es zu mehrmonatigen Verzögerungen während der Dreharbeiten. In dieser Zeit bleichte die starke neuseeländische Sonne den künstlichen Baum und seine Belaubung aus. Daraufhin wurden wieder ein paar Studenten angeheuert, die die Baumrinde und jedes einzelne Blatt (250.000 - ich kann es nicht oft genug wiederholen) neu streichen mussten. Hätte Tolkien gewusst, was er mit der Erwähnung der Eiche in seinem Roman anrichtete, hätte er vielleicht eine (pflegeleichte und - noch erfreulicher - blätterlose) Vogelscheuche auf Bilbos Höhle platziert.

*Wer mit den Begriffen „Mittelerde“ und „Auenland“ nichts anzufangen weiß, den bitte ich, sofort mit dem Lesen dieses Eintrags aufzuhören und in sich zu gehen, um das eigene Leben zu überdenken und sich zu fragen, wie es so weit kommen konnte. Nach einer angemessenen Zeitspanne (je nach Schwere der Schuld zwischen zwei Minuten und fünf Jahren) darf der Betroffene aufhören sich zu schämen und auf www.amazon.de gehen, um die Der-Herr-der-Ringe-Trilogie wahlweise als Filme oder in Buchform zu erwerben. Dann möge er mit der Lektüre fortfahren.

Ich habe mir sogleich eine wertvolle Immobilie auf dem Gelände gesichert...mein Schatzzzzzzz!

Eine der über 40 Hobbithöhlen, die man am Set in voller Pracht vorfinden konnte

Blick über den See zum Gasthaus, zur Brücke und zur Mühle

Am rechten oberen Bildrand sieht man den Partybaum, unter dem Bilbos 111. Geburtstag gefeiert wurde

Na, wer weiß, wem diese feine Hobbithöhle gehört? Richtig, Sam (zu sehen am Ende des dritten Teils)

Beutelsend, Bilbos Höhle, mit der berühmt-berüchtigten Eiche

Noch einmal aus kürzerer Entfernung. Wer kann erkennen, dass es sich um einen komplett künstlichen Baum handelt?

Diese Hobbithöhlen wurden für die Dreharbeiten zu "The Hobbit" neu errichtet und werden im Film erstmals zu sehen sein

Blick über Hobbingen mit Partybaum und See

Montag, 27. Februar 2012

Kia Ora!

 Endlich kann ich die Früchte meiner Arbeit genießen. Das soll nicht heißen, dass meine kürzlich so geduldig Modell stehende Otto Normalbanane gereift ist und ich sie genüsslich verspeisen konnte, während die drei kleinen Schweinchen zitternd daneben lagen und schicksalsergeben nur darauf warteten, als Dessert in meinem Verdauungstrakt zu enden. Nein, es bedeutet, dass ich die Monotonie der Bananenplantage hinter mir gelassen habe und nach Süden gereist bin, um das ganze Geld, dass ich in den acht Wochen verdient habe, schnellstmöglich wieder loszuwerden. Dazu musste ich mir einen ausgeklügelten Plan zurechtlegen.  Eine Art Anti-Sparbuch. Oder Riester-Rente rückwärts. Das sollte mich in einem Land, in dem eine Kinokarte 18 Dollar kostet, vor keine allzu großen Probleme stellen. Ich habe mir also folgende Reiseroute zurechtgelegt: eine Woche Airlie Beach und Whitsundays (ungefähr auf halber Strecke zwischen Cairns und Brisbane gelegen), anschließend fünf Wochen Neuseeland, danach ein paar Tage in Sydney und schließlich zwei Wochen in Alice Springs, inklusive Tour zum Uluru/Kata Tjuta National Park. Ein Buspass für NZ, zwei Zugfahrten, drei Flüge und mindestens neun Wochen Übernachtungen in verschiedenen Hostels müssten theoretisch ein ausreichend großes Loch in mein Budget reißen. Fragt mich bitte nicht, warum ich so begierig darauf bin, mein hart erarbeitetes Geld schneller zu dezimieren als ein Kasten Freibier von einer Gruppe Anonymer Alkoholiker vernichtet wird. Meinen Sinn für rationales Denken habe ich irgendwann zwischen Arbeitsstunde 167 und 168 am Fließband verloren.
Im Rückblick lässt sich die Woche in Airlie Beach im Prinzip auf den Tagesausflug zu den Whitsundays beschränken. Den Rest der Zeit habe ich entweder entspannt oder bin in der ortseigenen Lagune schwimmen gegangen. Airlie Beach lädt aber auch geradezu dazu ein, mal so richtig die Seele baumeln zu lassen. Es ist quasi wie Mittelmeerurlaub an der Ostküste Australiens. Man stelle sich ein geschrumpftes Monaco vor, dann entferne man alles, was in irgendeiner Form ablenken könnte, z.B. Shoppingcenter, den Formel-1-Grand-Prix und das berühmte Kasino, und führe Englisch als Lingua franca ein. Und schon hat man Airlie Beach.
Der Ausflug zu den Whitsundays, einer paradiesischen Inselgruppe vor der Küste Australiens, spottet jeder Beschreibung. So feinen, so weißen Sand, so glasklares Wasser und so einen atemberaubenden Ausblick habe ich noch nie gesehen. Ich lasse am besten die Bilder für sich sprechen, auch wenn sie die noch viel spektakulärere Realität nur unzureichend wiedergeben.
Tja, und nun bin ich seit einer Woche in Neuseeland. Das Land steht Australien in nichts nach. Ich wage sogar zu behaupten, dass es trotz seiner vergleichsweise winzigen Fläche landschaftlich noch vielseitiger als sein großer Nachbar ist. Gelandet bin ich am Montag in Auckland, der mit Abstand größten Stadt Neuseelands. Rund ein Drittel aller Kiwis* leben in der Nordinsel-Metropole. Die einzige Qualität Aucklands ist, dass sich die Stadt gut als Sprungbrett für den Rest des Landes eignet. Ansonsten hat sie nicht viel zu bieten. Dementsprechend schnell habe ich sie hinter mir gelassen und mich auf den Weg nach Süden gemacht. Mein erster längerer Stopp war die Coromandel Peninsula, eine beliebte Urlaubsregion an der Ostküste der Nordinsel. Ich konnte auch augenblicklich nachvollziehen, warum Neuseeländer vorzugsweise hier ihre Ferien verbringen: Überdurchschnittlich viel Sonnenschein, unzählige weiße Strände und spektakuläre Panoramen über grasbewachsene Hügellandschaften und wellenumspülte Steilküsten. Mein persönliches Highlight war der Hot Water Beach, ein Strand, an dem – wie der Name schon sagt – bis zu 64° heißes Wasser aus einem unterirdischen Reservoir aufsteigt und direkt am Strand austritt. Das Wasser wird von einer sich langsam abkühlenden Magmakammer erhitzt, die ein erloschener Vulkan freundlicherweise für uns hinterlassen hat. Bei Ebbe kann man sich eine kleine Schaufel schnappen und sich sein eigenes kleines Spa mit Ozeanblick und Meeresrauschen buddeln. Einfach göttlich! Ich musste nur aufpassen, beim Graben nicht aus Versehen meinem Nebenmann die Hand abzuhacken, denn auf den wenigen Dutzend Quadratmetern, die mit aufsteigendem Wasser versorgt werden, tummelten sich rund einhundertfünfzig Weltenbummler, alle dazu bereit, für ein heißes Bad bis aufs Messer (bzw. bis auf den Spaten) zu kämpfen. So kam es, dass es für mich nur zu einem warmen Fußbad reichte. Aber immerhin!
„Kia  Ora“ heißt übrigens Hallo auf Maori, der Sprache der Ureinwohner Neuseelands. Obwohl das Wort „Ureinwohner“ in diesem Kontext mit Vorsicht zu genießen ist, denn auch die Maori besiedelten das Land erst vor rund 800 bis 900 Jahren. Neuseeland ist somit das jüngste Land der Welt, jedenfalls was die Besiedelung durch Menschen anbelangt. Dieser Umstand hat sicher auch dazu beigetragen, dass man hier noch so viele unverfälschte Naturwunder bestaunen kann. Die werde ich in den nächsten vier Wochen ausführlich genießen und euch mit meinen Berichten neidisch machen. Ja, so gemein kann ich sein.

*Ich meine hiermit natürlich die Bewohner Neuseelands und nicht die Frucht oder den flugunfähigen Vogel. Ich traue euch voll und ganz zu, aus dem Kontext heraus zu erkennen, was an der jeweiligen Stelle gemeint ist. Schließlich hat sich John F. Kennedy auch nicht erklärt, als er sagte: „Ich bin ein Berliner“. Und trotzdem hat ihn hinterher keiner für ein mit Marmelade gefülltes Süßgebäck gehalten. 

Blick auf Whitsunday Island und den berühmten "Shifting Sand": Sandbänke, die im Wechsel von Ebbe und Flut ihre Form und Lage verändern

Das größte Hostelzimmer, in dem ich bisher übernachtet habe: 17 Betten

Die Lagune von Airlie Beach - hier habe ich wahrscheinlich mehr Zeit verbracht als in meinem Bett

Die Angst vor den tödlichen Quallen Queenslands nimmt teilweise groteske Züge an...ihren Spaß scheinen die beiden Marshmallows trotzdem zu haben

Der erste Blick auf Aucklands Skytower. Nun konnte ich absolut sicher sein, dass ich in Neuseeland angekommen war


Mit dem verdienten Geld konnte ich mir auch endlich meine langersehnnte Schönheits-OP leisten...

Aucklands Skyline vom Wasser aus betrachtet. Wenn der Skytower nicht wäre, würde man sie wahrscheinlich keines Blickes würdigen

Eine typische neuseeländische Landschaft auf der Coromandel Peninsula

Und nocheinmal Coromandel. Man sieht, auch Neuseeland hat tolle Strände zu bieten...

Dito.

Hot Water Beach: So sah es aus, bevor es richtig voll wurde



Mein heißes Fußbad (mit Schaufel). Der Kerl mit Hut testet gerade voller Neid die perfekte Wassertemperatur

Ein Wasserfall nördlich von Auckland, dessen Maori-Namen ich leider vergessen habe


Dienstag, 14. Februar 2012

Tagesbewegungskreuzfahrt und Käsemehrlagenplatte

Ich war gerade auf der Suche nach einem schönen Tagesausflug zum Whitehaven Beach, dem längsten und berühmtesten der unzähligen Strände der Whitsundays, als ich auf folgenden Text auf der Internetseite eines Reiseveranstalters stieß:

Cruise aboard the Whitehaven Xpress

One day motor cruise, on 15m fibreglass mono hull Whitehaven Xpress, departs 9 a.m. from Abel Point Marina (near Airlie Beach) for Whitehaven Beach, past Daydream Island, South Molle and Hamilton Island. Visit Hill Inlet's Scenic Lookout (take your Lindeman Pacificcamera), swim and snorkel at Whitehaven Beach, and feast on our Aussie BBQ lunch on the beach, one hour snorkel at Mantaray Bay, and indulge yourself in our afternoon cheese platter on your return cruise. Family owner operators Terry, Jill, Dan and Shane. 





Klingt gut, nicht wahr? Terry, Jill, Dan und Shane hätten es wohl besser dabei belassen sollen. Doch um auch weitgereiste, sprachlich unflexible Kundschaft anzusprechen, bieten die Guten auf der gleichen Website mehrere Übersetzungen des obigen Texts an: auf Französisch, Spanisch, Italienisch - und Deutsch. Lest selbst, was dabei herausgekommen ist:

Kreuzfahrt an Bord des Lindeman Pazifik

Eine Tagesbewegungskreuzfahrt, auf 15m-Fiberglas-Monorumpf Lindeman Pazifik, reist 9 a.m. vom Punkt Marina Abel (nahe Strand Airlie) für Strand Whitehaven, hinter träumen Insel, SüdMolle und Hamiltoninsel ab. Besuchen Sie szenischen Ausblick des Hügeleingangs (nehmen Sie Ihre Kamera), Swim und Snorkel drei Stunden lang bei Whitehaven und Fest auf unserem Feinschmeckerbbq-Mittagessen auf dem Strand, ein Stunde Snorkel am Mantaray Bay, und geben Sie sich in unserer Nachmittag Käsemehrlagenplatte auf Ihrer Rückkehr hin. Familie Inhaberbediener Terry, Jill und Dan.


Man sollte eben doch nicht Google Übersetzer die ganze Arbeit machen lassen, vor allem, wenn die Möglichkeit besteht, dass hinterher irgendjemand den Text tatsächlich lesen könnte.
Ich habe dann doch großzügig über diese sprachliche Flatulenz hinweggesehen und die "Tagesbewegungskreuzfahrt" mit Whitehaven Xpress gebucht. Hoffentlich geben sie sich mehr Mühe mit der Tour als mit den Übersetzungen auf ihrer Website. 

Zur originalen Homepage geht`s hier.
 

Mittwoch, 8. Februar 2012

Bananen sind auch nur Menschen/Richtig Reihern am Riff


Liebe Bananenfreunde,
die Marketingstrategen des australischen „Banana Research Council“ haben bereits vor einigen Jahren erkannt, dass gewöhnliche Bananen bei den Konsumenten, also euch, nicht mehr so gut ankommen. Sie haben überlegt, wie man die Kunden dazu bringen könnte, wieder mehr Bananen zu kaufen. Nach langem, wortwörtlich fruchtlosem Kopfzerbrechen kam schließlich einer von ihnen auf den Gedanken, seinen alten Wirtschaft-und-Recht-Hefter aus der Schulzeit aufzuschlagen und dort nach Ideen zu suchen. Schnell wurde er fündig. Die Lösung für alle Probleme hieß Produktvariation. Die Banane musste verändert werden, am besten wäre es, wenn komplett neue Sorten gezüchtet würden. Ein Vollprofi wurde mit dieser langwierigen Aufgabe betraut: Dr. Mangole, ein ferner Verwandter des altbekannten Nazischergen Dr. Mengele mit vergleichbarer Freude an grausamen Experimenten. Dieser machte sich sofort in unterirdischen, bombensicheren Geheimlabors an die Arbeit. Binnen weniger Jahre konnte er erste Ergebnisse vorlegen, die jedoch unter Verschluss gehalten wurden, um den Wettbewerbsvorteil der australischen Bananenproduzenten nicht zu gefährden.
Der Zufall aber will es so, dass genau diese streng geheimen Dokumente über tausend Umwege auf meiner Festplatte gelandet sind. Fragt mich bitte nicht wie, die ganze Geschichte zu erzählen würde den Rahmen sprengen. Nur so viel sei gesagt: Sie beinhaltet einen 13-jährigen Computerfreak aus Austin, Texas, zwei Ex-Mossad-Agenten und eine Zahnbürste. Von Oral-B.
Da ich schon immer ein Verfechter der ganzen Wikileaks-Bewegung war und außerdem meine Chance auf schnellen Ruhm sehe, habe ich beschlossen, die vertraulichen Fotografien der neuen Bananensorten zu veröffentlichen. Ihr bekommt nun weltexklusiv zu sehen, was bald in den Supermärkten liegen und eure Essgewohnheiten dauerhaft verändern wird. Bleibt nur noch zu hoffen, dass mich dafür niemand vor irgendein Kriegsgericht stellt. Vorhang auf!

Bananensorte "Drei kleine Schweinchen" - links zum Vergleich: Otto Normalbanane

Bananensorte "Reiner Calmund" - im Bild ist ein noch nicht ausgewachsenes Exemplar zu sehen

Bananensorte "Olsen Twins" - allerdings erst nach dreimonatigem Dauermästen der Beiden

Bananensorte "Happy Face" - sollte ursprünglich "Haschisch Face" heißen, wurde jedoch aus unerklärlichen Gründen fallengelassen

Bananensorte "Depression" - kommt mit versteckten Schlaftabletten im Fruchtfleisch

Bananensorte "Angry Birds" - ja, auch Dr. Mangole ist ein Zocker

 
Okay. So viel also zum aktuellen Stand meiner fortschreitenden geistigen Umnachtung, kommen wir nun zu ernsthaften Dingen. Am letzten Wochenende stand eines der Highlights meines Australienaufenthalts an: Tauchen und Schnorcheln am Great Barrier Reef. Wer mich kennt, der weiß, dass ich mich als unverbesserlicher Stoiker eigentlich nicht allzu häufig zu Gefühlsausbrüchen hinreißen lasse, aber DAS hat mich echt umgehauen. Vielleicht lag es daran, dass der Katamaran, der mich von Cairns aus zum Riff gebracht hat, für 155 Personen ausgelegt ist, am Samstag aber nur 21 Gäste und 9 Crewmitglieder an Bord waren. Oder daran, dass ich mich dank des all-inclusive Buffets mal wieder so richtig vollstopfen konnte. Oder aber daran, dass es den ganzen Tag lang nicht geregnet hat, obwohl der Wetterbericht das Gegenteil vorhergesagt hatte. Am allermeisten war es natürlich das Riff selbst, welches mich derartig vom Hocker riss. Vergesst „Findet Nemo“, solche Farben kriegt nicht einmal Pixar hin. Die erste Schildkröte ließ keine zwei Minuten auf sich warten , die abertausend Fische kamen bis auf Armeslänge an mich heran und die kunterbunten Korallen in den skurrilsten Formen erinnerten an Szenen aus „Avatar“. Die zwei Tauchgänge waren ebenfalls spektakulär, auch wenn mir der Druckunterschied in zwölf Meter Tiefe beträchtliche Schmerzen am Trommelfell verursachte und ich noch zwei Tage später Druck auf den Ohren hatte.
Einziger Wermutstropfen war die ziemliche raue See, die das Schnorcheln erheblich erschwerte. Der Bordfotograf meinte am Ende des Ausflugs, dass er noch nie so hohen Wellengang am Riff erlebt habe. Wie turbulent es werden würde, wurde allen Beteiligten bereits auf der Hinfahrt zum Riff klar, als elf der einundzwanzig Passagiere quasi pausenlos über der Reling hingen und ihr bereits verzehrtes Bacon-and-egg-Frühstück selbstlos den bedürftigen Fischen zur Verfügung stellten, wenn ihr versteht, was ich meine… Manch einer erholte sich den ganzen Tag lang nicht von diesem unfreiwilligen Wildwasser-Rafting. Doch für Mitleid blieb mir keine Zeit, ich war genug damit beschäftigt, so oft wie möglich ins 29 Grad warme Wasser zu springen und die Eindrücke in mich aufzusaugen, die unter der Wasseroberfläche auf mich einprasselten.
Der Ausflug war sein Geld auf jeden Fall wert, auch wenn „sein Geld“ in diesem Fall „mehr als ein halbes Wochengehalt“ bedeutet. Aber wozu tue ich mir die ganze Schufterei auf der Bananenfarm sonst an, wenn nicht für solche Erlebnisse?
Jetzt höre ich auf zu schreiben und lasse nur noch die Bilder für sich sprechen. Ich habe sowieso ganz andere Sorgen, denn draußen auf dem Parkplatz steht schon seit zwei Stunden ein schwarzer Van mit verspiegelten Scheiben. Ich befürchte, dass das wieder die zwei Ex-Mossad-Agenten sind, die mich trotz meiner raffinierten Tarnung irgendwie aufgespürt haben. Zum Glück hab ich noch die Zahnbürste. :-)


Nur die Sauerstoffversorgung stand zwischen mir und meiner Beute

Wer auf dem Bild Nemo findet, darf ihn behalten

Irgendein Depp hat sein Auto mitten im Riff versenkt... Ich konnte leider nur noch das Kennzeichen bergen

Dieser Katamaran ist dafür verantwortlich, dass das Ozeanwasser mit ätzender Magensäure angereichert wird, welche die Korallen zerstört. Schämt euch, Seekranke dieser Welt!