Freitag, 30. März 2012

Von Wurzeln und Vulkanen

Ich erinnere mich an meinen ersten Tag in Australien, als wäre es gestern gewesen. Gerade aus der bedrückenden Enge des Flugzeugs ins grelle Sonnenlicht Sydneys gestolpert, wurden Nils und ich in einen Shuttlebus verfrachtet und ins Stadtzentrum gebracht. Dort mussten wir im Hauptquartier unserer Backpacker-Organisation eine gefühlte Ewigkeit warten, bevor wir in unser allererstes Hostel ziehen konnten. Heute, 209 Tage und 33 Hostels später, bin ich an ebendiesen Ort zurückgekehrt und sitze auf derselben Couch, auf der ich damals hockte und mich wie ein entsetzliches Greenhorn fühlte.
Körperlich bin ich also wieder an meinen australischen Wurzeln angekommen, im Geiste bin ich aber noch in Neuseeland. Ich habe auch allen Grund dazu, denn schließlich muss ich die Geschichte meiner Reise durch dieses wunderbare Land noch zu Ende erzählen. Wahrscheinlich werde ich dazu mehr als diesen einen Blogeintrag benötigen, aber das sollte kein Problem sein, da für die nächsten drei Wochen in Sydney sowieso nicht allzu viel geplant ist.
Nachdem mich nur der Sicherheitsdienst daran hindern konnte, mich in einer Hobbithöhle zu verschanzen und sie zum „besetzten Haus“ zu erklären, musste ich wohl oder übel in den Bus steigen und das Hobbiton Movie Set hinter mir lassen. Die nächsten Tage verbrachte ich in Rotorua und Taupo. Die Gegend um Rotorua gehört zu den drei geothermisch aktivsten Regionen der Welt* und ist außerdem das Zentrum der Maori-Kultur. Ich habe leider nur eine Nacht in der Stadt verbracht und deshalb von beidem nicht viel mitbekommen. Das Einzige, was mir bei einem kurzen Erkundungstrip auffiel, war der penetrante Geruch von faulen Eiern, der einem an allen Ecken in die Nase stieg. Dieser wird von schwefelhaltigen Gasen verursacht, die aus dem Erdinneren aufsteigen. Aus diesem Grund wird Rotorua gelegentlich scherzhaft als „Rotten-rua“ („Faul-rua“) bezeichnet. Mein nächstes Etappenziel war Taupo am gleichnamigen See. Ich habe in der Gegend ein paar schöne Tage verbracht (siehe Fotos zu den Huka-Falls und „Craters of the Moon“), aber das einzig Erwähnenswerte ist wohl, dass dort am Tag nach meiner Abreise der Ironman New Zealand stattfand und deshalb das ganze Städtchen in Aufruhr war und von ebenso vielen echten wie Möchtegern-Triathleten überlaufen wurde. Wäre ich noch zwei Tage länger dort geblieben, hätte ich selbstverständlich teilgenommen – und wäre wohl nach drei Kilometern im eiskalten See ertrunken.
Auf dem Weg gen Süden legte mein Reisebus einen Zwischenstopp in Waitomo ein. Ich hatte mich schon auf die dortigen „Waitomo Glowworm Caves“ gefreut, bevor ich überhaupt nach Neuseeland gekommen war. Die Kalksteinhöhlen an sich sind schon sehenswert, mit unzähligen Stalaktiten, Stalagmiten und einem unterirdischen Fluss, der sich lautlos seinen Weg durch das Höhlensystem bahnt. Die eigentliche Attraktion sind aber die Glühwürmchen, die den „Glowworm Caves“ ihren Namen geben. Tatsächlich handelt es sich um eine nur in Neuseeland vorkommende Mückenart (Arachnocampa luminosa - für die, die es genau wissen wollen), die sich im Larvenstadium an der Höhlendecke ein Nest baut und von dort bis zu 70 klebrige Seidenfäden in die Dunkelheit des Höhleninneren herabhängen lässt. Die Larve beginnt zu leuchten, um andere Insekten anzulocken. Diese fliegen in Richtung des Lichts, verfangen sich in den Seidenfäden, werden von der Larve langsam nach oben gezogen und gefressen. Clever, nicht wahr? Jetzt stellt euch eine Höhle vor, in der Abertausende dieser Larven leben und die Decke in einen Sternenhimmel verwandeln. Und die Besucher treiben in einem Boot durch den unterirdischen Fluss, umgeben von perfekter Stille und nahezu totaler Finsternis, die nur von den Myriaden Lichtpunkten über ihnen unterbrochen wird. Leider war zum Schutz der Tiere Fotografieren strengstens verboten. Ich habe deshalb drei Bilder aus dem Internet heruntergeladen und füge sie zwischen meinen eigenen Fotos unter dem Text ein.
Dann ging es weiter in den Tongariro National Park. Hier musste ich mich von meiner treuesten Begleiterin verabschieden. Ich habe sie sehr geachtet und mehr als einmal ihre beeindruckenden Fähigkeiten bewundert. Doch im entscheidenden Moment hat sie mich im Stich gelassen. Ich spreche natürlich von meiner Kamera. Am Tag vor meiner geplanten Wanderung durch den Nationalpark wollte ich sie anschalten, nur um ziemlich entsetzt feststellen zu müssen, dass sie unter mysteriösen Umständen in die ewigen Jagdgründe eingegangen war. Ich musste darum in den nächsten Tagen mit meinem Handy Fotos machen, bis ich mir kurz vor der Überfahrt auf die Südinsel eine neue Kamera kaufen konnte. Da ich aufgrund fehlender Software momentan nicht in der Lage bin, die Bilder von meinem Handy auf meinen PC zu kopieren, kann ich leider für diesen Zeitraum nicht mit Fotos dienen. Das ist sehr schade, denn der Tongariro National Park ist eine der schönsten Landschaften, die ich jemals gesehen habe. Ich habe die rund 20 Kilometer lange „Tongariro Alpine Crossing“ gemacht, die als beste eintägige Wanderung Neuseelands gilt. Sie führt von 1100 Metern über dem Meeresspiegel bis auf beachtliche 1886 Meter und dann wieder hinunter auf rund 700 Meter. Für die Strapazen, die dieser große Höhenunterschied mit sich bringt, wird man aber fürstlich entlohnt, wenn man ganz oben angekommen ist und über die umliegenden rauchenden Vulkane und glitzernden Bergseen blicken kann. Einer der aktiven Vulkane, Mt. Ngauruhoe (2291m), diente in den Der-Herr-der-Ringe-Filmen als Schicksalsberg.
Im nächsten Eintrag entführe ich euch dann endlich auf Neuseelands Südinsel, von der viele Besucher sagen, dass sie noch schöner als die Nordinsel sei. Ob das stimmt, werden wir sehen...

 *Die anderen Beiden sind Island und Yellowstone National Park in den USA.

In der Gegend um Lake Taupo. Wer gute Augen hat, kann auf der Klippe im Hintergrund eine Bungy-Jumping-Plattform erkennen

Kajakfahrer am Lake Taupo

Die Huka Falls, Neuseelands meistbesuchte natürliche Attraktion

Der Wasserfall ist nicht besonders hoch, aber hier ergießen sich 220.000 Liter Wasser pro Sekunde in das Becken darunter

"Craters of the Moon" - eine geothermisch aktive Landschaft in der Nähe von Taupo

Der Schwefelgeruch war allgegenwärtig...

Der fruchtbare Boden und die warme Luft, die aus dem Erdinnern aufsteigt, bieten sehr gute Bedingungen für das Wachstum von Pflanzen

Neben den unzähligen Kratern gab es auch einige Becken mit blubberndem Schlamm zu bestaunen

Waitomo Glowworm Caves - Wem das nicht gefällt, der hat kein Herz


Hier sieht man die klebrigen Seidenfäden, die die Mückenlarven zum Beutefang herablassen

Dieses Bild spiegelt die Lichtverhältnisse in den Höhlen etwas besser wider als die Vorigen

4 Kommentare:

  1. Hallo Paul, danke für die schönen Impressionen aus NZ. Mein Reiseprogramm wird immer voller. Eine schöne Zeit in Sydney
    UweF

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  2. Wieder ein sehr interessanter Blog mit unheimlich guten Landschaftsfotos! Danke, lieber Paul,dass du uns teilhaben lässt an deiner beeindruckenden Reise!
    Weitere schöne Erlebnisse, auch in Sydney, ich freue mich immer auf ein "Lebenszeichen" von dir. DOR

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  3. unglaublich schöne Fotos und faszinierende Sehenswürdigkeiten. Was Du in so kurzer Zeit in Neuseeland alles gesehen und erlebt hast, ist beeindruckend. Es ist eine so schöne Traumwelt, aus der Du hoffentlich auch wieder sanft erwachst.Die Fotos sind einmalig schön, auch wir kommen ins Träumen.
    Noch eine schöne Zeit in Australien.
    OUOG

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  4. Deine Bilder und Berichte sind sehr schön.. :D
    Ich habe alle mit Interesse gelesen. Ich freue mich wenn du bald wieder nach Hause kommst.. (:
    Deine Cousine Katharina. ♥

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