Ich erinnere mich an meinen ersten Tag in Australien, als
wäre es gestern gewesen. Gerade aus der bedrückenden Enge des Flugzeugs ins
grelle Sonnenlicht Sydneys gestolpert, wurden Nils und ich in einen Shuttlebus
verfrachtet und ins Stadtzentrum gebracht. Dort mussten wir im Hauptquartier
unserer Backpacker-Organisation eine gefühlte Ewigkeit warten, bevor wir in
unser allererstes Hostel ziehen konnten. Heute, 209 Tage und 33 Hostels später,
bin ich an ebendiesen Ort zurückgekehrt und sitze auf derselben Couch, auf der
ich damals hockte und mich wie ein entsetzliches Greenhorn fühlte.
Körperlich bin ich also wieder an meinen australischen Wurzeln
angekommen, im Geiste bin ich aber noch in Neuseeland. Ich habe auch allen
Grund dazu, denn schließlich muss ich die Geschichte meiner Reise durch dieses
wunderbare Land noch zu Ende erzählen. Wahrscheinlich werde ich dazu mehr als
diesen einen Blogeintrag benötigen, aber das sollte kein Problem sein, da für
die nächsten drei Wochen in Sydney sowieso nicht allzu viel geplant ist.
Nachdem mich nur der Sicherheitsdienst daran hindern konnte,
mich in einer Hobbithöhle zu verschanzen und sie zum „besetzten Haus“ zu
erklären, musste ich wohl oder übel in den Bus steigen und das Hobbiton Movie
Set hinter mir lassen. Die nächsten Tage verbrachte ich in Rotorua und Taupo.
Die Gegend um Rotorua gehört zu den drei geothermisch aktivsten Regionen der
Welt* und ist außerdem das Zentrum der Maori-Kultur. Ich habe leider nur eine
Nacht in der Stadt verbracht und deshalb von beidem nicht viel mitbekommen. Das
Einzige, was mir bei einem kurzen Erkundungstrip auffiel, war der penetrante
Geruch von faulen Eiern, der einem an allen Ecken in die Nase stieg. Dieser
wird von schwefelhaltigen Gasen verursacht, die aus dem Erdinneren aufsteigen.
Aus diesem Grund wird Rotorua gelegentlich scherzhaft als „Rotten-rua“ („Faul-rua“)
bezeichnet. Mein nächstes Etappenziel war Taupo am gleichnamigen See. Ich habe
in der Gegend ein paar schöne Tage verbracht (siehe Fotos zu den Huka-Falls und
„Craters of the Moon“), aber das einzig Erwähnenswerte ist wohl, dass dort am
Tag nach meiner Abreise der Ironman New Zealand stattfand und deshalb das ganze
Städtchen in Aufruhr war und von ebenso vielen echten wie
Möchtegern-Triathleten überlaufen wurde. Wäre ich noch zwei Tage länger dort
geblieben, hätte ich selbstverständlich
teilgenommen – und wäre wohl nach drei Kilometern im eiskalten See ertrunken.
Auf dem Weg gen Süden legte mein Reisebus einen
Zwischenstopp in Waitomo ein. Ich hatte mich schon auf die dortigen „Waitomo
Glowworm Caves“ gefreut, bevor ich überhaupt nach Neuseeland gekommen war. Die
Kalksteinhöhlen an sich sind schon sehenswert, mit unzähligen Stalaktiten,
Stalagmiten und einem unterirdischen Fluss, der sich lautlos seinen Weg durch
das Höhlensystem bahnt. Die eigentliche Attraktion sind aber die Glühwürmchen,
die den „Glowworm Caves“ ihren Namen geben. Tatsächlich handelt es sich um eine
nur in Neuseeland vorkommende Mückenart (Arachnocampa
luminosa - für die, die es genau wissen wollen), die sich im Larvenstadium
an der Höhlendecke ein Nest baut und von dort bis zu 70 klebrige Seidenfäden in
die Dunkelheit des Höhleninneren herabhängen lässt. Die Larve beginnt zu
leuchten, um andere Insekten anzulocken. Diese fliegen in Richtung des Lichts,
verfangen sich in den Seidenfäden, werden von der Larve langsam nach oben
gezogen und gefressen. Clever, nicht wahr? Jetzt stellt euch eine Höhle vor, in
der Abertausende dieser Larven leben und die Decke in einen Sternenhimmel
verwandeln. Und die Besucher treiben in einem Boot durch den unterirdischen
Fluss, umgeben von perfekter Stille und nahezu totaler Finsternis, die nur von
den Myriaden Lichtpunkten über ihnen unterbrochen wird. Leider war zum Schutz
der Tiere Fotografieren strengstens verboten. Ich habe deshalb drei Bilder aus
dem Internet heruntergeladen und füge sie zwischen meinen eigenen Fotos unter
dem Text ein.
Dann ging es weiter in den Tongariro National Park. Hier
musste ich mich von meiner treuesten Begleiterin verabschieden. Ich habe sie
sehr geachtet und mehr als einmal ihre beeindruckenden Fähigkeiten bewundert.
Doch im entscheidenden Moment hat sie mich im Stich gelassen. Ich spreche
natürlich von meiner Kamera. Am Tag vor meiner geplanten Wanderung durch den
Nationalpark wollte ich sie anschalten, nur um ziemlich entsetzt feststellen zu
müssen, dass sie unter mysteriösen Umständen in die ewigen Jagdgründe
eingegangen war. Ich musste darum in den nächsten Tagen mit meinem Handy Fotos
machen, bis ich mir kurz vor der Überfahrt auf die Südinsel eine neue Kamera
kaufen konnte. Da ich aufgrund fehlender Software momentan nicht in der Lage
bin, die Bilder von meinem Handy auf meinen PC zu kopieren, kann ich leider für
diesen Zeitraum nicht mit Fotos dienen. Das ist sehr schade, denn der Tongariro
National Park ist eine der schönsten Landschaften, die ich jemals gesehen habe.
Ich habe die rund 20 Kilometer lange „Tongariro Alpine Crossing“ gemacht, die
als beste eintägige Wanderung Neuseelands gilt. Sie führt von 1100 Metern über
dem Meeresspiegel bis auf beachtliche 1886 Meter und dann wieder hinunter auf
rund 700 Meter. Für die Strapazen, die dieser große Höhenunterschied mit sich
bringt, wird man aber fürstlich entlohnt, wenn man ganz oben angekommen ist und
über die umliegenden rauchenden Vulkane und glitzernden Bergseen blicken kann.
Einer der aktiven Vulkane, Mt. Ngauruhoe (2291m), diente in den Der-Herr-der-Ringe-Filmen
als Schicksalsberg.
Im nächsten Eintrag entführe ich euch dann endlich auf Neuseelands Südinsel, von der viele Besucher sagen, dass sie noch schöner als die Nordinsel sei. Ob das stimmt, werden wir sehen...
*Die anderen Beiden sind Island und Yellowstone National
Park in den USA.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg4hx3KZ9sj_OLktNYM5CFReWxy6V4zaRfhT21E64M0idph19OyhvgH6B68o71iEzEY3U_l8GD2IfnEDIts6TsvFhH1P-FD7MeLgR_Owu8qEFp2R0j2yKSbRCtdN9Qs-YL4Le7Sq7VMvHZd/s640/DSCN2648+-+Bungy+Jumping+Taupo.JPG) |
Hallo Paul, danke für die schönen Impressionen aus NZ. Mein Reiseprogramm wird immer voller. Eine schöne Zeit in Sydney
AntwortenLöschenUweF
Wieder ein sehr interessanter Blog mit unheimlich guten Landschaftsfotos! Danke, lieber Paul,dass du uns teilhaben lässt an deiner beeindruckenden Reise!
AntwortenLöschenWeitere schöne Erlebnisse, auch in Sydney, ich freue mich immer auf ein "Lebenszeichen" von dir. DOR
unglaublich schöne Fotos und faszinierende Sehenswürdigkeiten. Was Du in so kurzer Zeit in Neuseeland alles gesehen und erlebt hast, ist beeindruckend. Es ist eine so schöne Traumwelt, aus der Du hoffentlich auch wieder sanft erwachst.Die Fotos sind einmalig schön, auch wir kommen ins Träumen.
AntwortenLöschenNoch eine schöne Zeit in Australien.
OUOG
Deine Bilder und Berichte sind sehr schön.. :D
AntwortenLöschenIch habe alle mit Interesse gelesen. Ich freue mich wenn du bald wieder nach Hause kommst.. (:
Deine Cousine Katharina. ♥