Dienstag, 13. Dezember 2011

Wie ich nicht zum Dschungelkönig wurde und andere Geschichten aus „Hundertundeine Nacht“


Ja, lieber Leser, deine erste Assoziation war richtig. Die Überschrift bezieht sich auf die RTL-Show „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ Du brauchst dich nicht dafür zu schämen, dass du bei dem Wort „Dschungelkönig“ nicht an das Dschungelbuch denkst oder an einen Aztekenherrscher, sondern dir sofort Trash-TV in den Sinn kommt. Das passiert. Ich kann dir deswegen keinen Vorwurf machen, denn ich wäre beinahe selber Teil des Dschungelcamps geworden. Das kam so:
Letzten Donnerstag haben wir das Hostel gewechselt. Das lag zum einen daran, dass die zweite Woche im „Backpacker Resort“ erheblich teurer geworden wäre. Zum anderen lag es an der Hugh-Hefner-Küche. Auf meiner Erkundungstour durch das neue Hostel (Es trägt übrigens den originellen Namen „Somewhere to stay“.) fand ich das RTL-Jobangebot an einer Pinnwand. Es fiel mir sofort ins Auge, da es mit dem übergroßen Slogan der Sendung versehen war. Gesucht wurden Doubles, die Anfang Januar fünf Tage im Dschungelcamp in Coolangatta (rund 100 km von Brisbane entfernt) verbringen, wo später dann die eigentliche Show mit den richtigen „Stars“ gedreht wird. Ich kann zwar mit gewissem Stolz behaupten, noch keine einzige Folge dieser meiner Meinung nach schwachsinnigen Show gesehen zu haben, doch diese zwei Wortgruppen bewogen mich dazu, trotzdem mal schnell eine Bewerbungsmail an die angegebene Adresse zu senden: „All inclusive“ und „$250 per day“. Für so viel Geld darf man schon mal seine Prinzipien für ein paar Tage in den Keller sperren. Außerdem heißt es ja: „Kenne deinen Feind“. In der Mail erwähnte ich noch, dass ich bereits in Deutschland als Komparse bei einem Film tätig war und schwuppdiwupp wurde ich von der Produktionsfirma zu einem Vorsprechen eingeladen.
Es machte mich schon ein bisschen stutzig, dass ich zu einem „Vorsprechen“ gehen sollte, denn ich dachte eigentlich, dass ausufernde Dialoge nicht zu meinen Tätigkeitsbereichen als Double zählen würden. Doch wie sich bald herausstellte, war das nicht die einzige Sache, die ich falsch eingeschätzt hatte. RTL hatte nämlich etwas ganz Besonderes mit den „erfolgreichen Kandidaten“ vor. Diese sollten die ganze Show von vorne bis hinten durchspielen, inklusive 24-Stunden-Kameraüberwachung und Dschungelprüfungen. Das so verlockend klingende „all inclusive“ würde tatsächlich aus rationierten Bohnen und Reis bestehen - mit der großzügigen Möglichkeit, sich zusätzliches Essen durch das Bestehen der Prüfungen zu verdienen. Außerdem müsste jeder Bewerber dreimal auf eigene Kosten nach Coolangatta kommen, bevor er den Job sicher hätte: Zum Vorsprechen, zum polizeilichen Check und zur medizinischen Untersuchung. Im Endeffekt erhält man also 1250 Dollar für die gleiche Tortur, die den C-Promis ein paar Wochen später jeweils 50.000 Euro in die Kassen spült. Da der Termin außerdem mit unserem neuen Job (siehe unten) kollidierte, ließ ich die Idee dann doch wieder fahren, Dschungelkönig zu werden. Ist vielleicht auch besser so, denn sonst hätte ich eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen müssen und könnte mich nicht auf meinem Blog über RTL und deren hirnverbrannte Sendungen auslassen.
Wer gestern zufälligerweise meinen ultrakurzen Eintrag gelesen hat, hat wahrscheinlich mitgekriegt, dass wir jetzt genau 101 Tage in Australien sind. Um das zu feiern, fahren wir am Donnerstag noch weiter nach Norden, wo es zur Zeit ständig regnet, um dort einen richtigen Knochenjob mit 60-Stunden-Woche auszuüben, der zu allem Überfluss auch noch ausufernden Kontakt mit giftigen Pflanzenteilen und ganzen Schwärmen von Moskitos der allerübelsten Sorte beinhaltet. Hört sich gut an, oder? Zur Erklärung: Wir haben Jobs als Mangopflücker in der verkannten Metropole Innisfail (8300 Einwohner) südlich von Cairns ergattert. Und das trotz der Warnungen von nahezu jedem Backpacker, der uns bis jetzt über den Weg gelaufen ist. Eine kurze Internetrecherche erklärte auch ziemlich schnell die Vorbehalte, die alle gegen die Mangoernte haben. Die Schale der Frucht sondert nämlich ein Sekret ab, das das Pflanzengift Urushiol beinhaltet. Dieses kann bereits nach wenigen Stunden starken Juckreiz, Brennen, Anschwellen, Nässen und sogar Blasenbildung der Haut verursachen. Hier ist ein Bild, das ich im Internet gefunden habe. Es zeigt die Auswirkungen des Kontakts von Urushiol mit der Haut nach rund 48 Stunden:


Mit diesem appetiterregenden Bild kann ich natürlich nicht meinen Blogeintrag beenden, deshalb erzähl ich jetzt noch schnell, dass Nils und ich zu den Glücklichen gehören, die die Mondfinsternis nahezu wolkenfrei genießen konnten. Bei uns spielte sich das Ganze zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens ab. In Ermangelung von Stühlen haben wir uns einfach mitten auf die Straße gesetzt und haben uns durch das ständige Nach-Oben-Starren einen steifen Nacken geholt, aber das war es allemal wert.

Brisbane bei Nacht - Blick von der Bibliothek über den Brisbane River auf den Central Business District

Der Mond im Kernschatten der Erde

Allmählicher Austritt aus dem Kernschatten

Ein Possum auf der Pirsch

3 Kommentare:

  1. unglaubliche Story!! Ist das wirklich mein Bruder, der zu einem Dschungelcampvorsprechen geht? Glückwunsch zu 101 Tagen und 3000 Klicks!!!

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  2. Super Blogeintrag.Mach weiter so.

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  3. Willst du dir das wirklich antun mit den Moskitos und den Giftaustritten? Sei auf alle Fälle vorbereitet und schütze dich indem du dich "langärmelig" "verkleidest".
    Super, wie du auf den Dschungelkönig reagiert hast.
    Auf jeden Fall weiter t o l l e Erlebnisse bei bester Gesundheit! DOR

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