Die Überschrift verrät es schon: Keine Mangos. Stattdessen Bananen. Und zwar haufenweise. Aber alles der Reihe nach:
Vorletzten Donnerstag um 13:25 Uhr startete die längste Zugfahrt unseres Lebens. Vor uns lagen siebenundzwanzig Stunden und fünfundfünfzig Minuten in einem zum Glück geräumigen und gut klimatisierten Abteil. Vor dem Fenster zog die Landschaft im Schneckentempo vorbei. Langsamer als der Trödelzug schien sich nur der Zeiger meiner Armbanduhr zu bewegen. Die Fahrt verlief bis auf eine Ausnahme ereignislos: Wir trafen einen echten DDR-Flüchtling, der vor vierzig Jahren im zweiten Anlauf über Österreich in die BRD floh und dann nach Australien kam. Beim ersten Versuch war er noch geschnappt wurden und musste fünf Jahre hinter Gittern verbringen.
Irgendwie haben wir unsere Odyssee auf Gleisen überlebt, denn am Freitag um 17:20 Uhr stolperten wir vom Zug auf den einzigen Bahnsteig in Innisfail und wurden sogleich von der tropischen Hitze erschlagen. Der erste Eindruck hätte besser sein können: Der Besitzer unseres neuen Hostels hatte uns versichert, dass er uns vom Zug abholen würde, doch nach einer halben Stunde war er immer noch nicht da. Zum Glück wussten wir so ungefähr, wo das Hostel sein müsste. Also machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Als wir nach einer hitzebedingten Pause und mindestens zwei Litern Schweißverlust ankamen, mussten wir feststellen, dass es überhaupt keine Rezeption gab und sich niemand für die Verwaltung verantwortlich fühlte. Der Besitzer hätte schon sein Wochenende begonnen, sagte man uns. Es blieb uns also nichts Anderes übrig als zu warten.
Schließlich kam doch noch jemand. Ein Haushälter brachte uns zu einem anderen Hostel, das aber demselben Besitzer gehörte. Auch hier hätte der erste Eindruck besser sein können. Ach was, genug der Euphemismen, der erste Eindruck hätte nicht schlechter sein können! Die Sauberkeit der Räume ließ keine Zweifel daran, dass die menschlichen Hostelbewohner nur eine Spezies in einem vielfältigen Biotop von Insekten, Echsen, Nagern und noch mehr Insekten waren. Auf allen Geländern hingen dreckige und stinkende Arbeitssachen und als kleiner Bonus war unser neues Zimmer für jedermann (und jedes Tier) zugänglich, da eine Fensterscheibe fehlte. Warum ich das alles in der Vergangenheitsform schreibe, weiß ich selber nicht so genau, denn wie ihr euch denken könnt, sind wir immer noch hier. Aber man gewöhnt sich an alles. Mittlerweile finde ich es gar nicht mehr so schlimm. Wir haben sogar erfahren, dass wir mit unserem Raum großes Glück hatten (trotz der nicht vorhandenen Fensterscheibe), weil er einer der wenigen ist, in denen die Klimaanlage noch funktioniert. Und das bei fast konstanten Temperaturen um 34° Celsius.
Einen Vorteil hat das Hostel aber: Wir sind ziemlich schnell an Arbeit gekommen. Am Freitagabend sind wir angekommen, am Montagmorgen begann unser erster Arbeitstag. Aufstehen müssen wir um halb sechs, Arbeitsbeginn ist 6:40 Uhr. Wir arbeiten vierzig Stunden pro Woche. Die Arbeit ist wirklich anstrengend – körperlich, aber vor allem psychisch. Spätestens nach einer Stunde am Fließband oder draußen im Bananenhain kehrt nämlich tödliche Langeweile ein und die Zeit scheint einfach nicht vergehen zu wollen. Ich versuche mich dadurch abzulenken, dass ich Gedichte und Balladen rezitiere („John Maynard“, „Prometheus“, „Osterspaziergang“, „Der Erlkönig“) oder im Kopf das große 1x1, die Primzahlen bis 100, die Quadratzahlen von 1 bis 900 und die Zweierpotenzen bis 228 (=268.435.456) durchgehe. Wenn mein Repertoire erschöpft ist, fange ich einfach an die Bananen zu zählen, die durch meine Hände gehen und stelle mir vor, wie möglicherweise in einigen Wochen einer von euch in Deutschland oder anderswo auf der Welt ein paar Bananen kauft, die hier von mir geschnitten wurden. Vielleicht fange ich ja aus lauter Langeweile an, Botschaften in die Bananenschalen zu ritzen. Wenn ihr also mal eine Banane sehen solltet, auf der „Hier öffnen“ oder „Nicht zur analen Einführung bestimmt“ steht, dann könnt ihr euch ziemlich sicher sein, dass ich meine Finger im Spiel hatte.
Heute gibt es leider keine Bilder, da das Internet hier einfach zu langsam ist. Sorry!
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Super Eintrag, Bruderherz! Dein Humor ist unschlagbar!! Aber die Erfahrung mit dem Horror-Hostel hilft dir auch... denk mal drüber nach.
AntwortenLöschenOpa Hans hat gefragt: "Warum tut sich der Junge das an?"
AntwortenLöschenIch denke, du sammelst Erfahrungen, Eindrücke, Erlebnisse, ziehst in jeder Hinsicht Schlüsse und bereicherst dadurch dein noch junges Leben.
Wie jeder Blog Eintrag von dir klasse!
DOR