Montag, 31. Oktober 2011

…über den antriebslosen Arbeitslosen…


Doch es wurde nicht besser. Ganz im Gegenteil: Es wurde ein Desaster. Am nächsten Tag musste ich in einem anderen Kaufhaus arbeiten. Es sei ein Nobelkaufhaus und gleichzeitig das größte Shoppingcenter der südlichen Hemisphäre, erzählte mir meine allwissende Chefin. Die Kundschaft sei hier deutlich reicher, hätte aber auch gehobene Ansprüche. An einem guten Tag könnte man hier locker das Zehnfache dessen verkaufen, was man im anderen Kaufhaus an den Mann gebracht hätte. An einem schlechten Tag aber… Sie ließ den Satz unvollendet.
Ich erwischte einen schlechten Tag. Stunde um Stunde stellte ich mich an die markierte Linie, die man als Verkäufer nicht überschreiten durfte, setzte ein Lächeln auf und sprach die vorbeischlendernden Frauen und Männer an, doch kein Fisch ging mir ins Netz. Mein einziger Trost war, dass es meiner Arbeitskollegin ebenso ging, obwohl sie den Job schon seit fast vier Wochen hatte. Nach sechs fruchtlosen Stunden setzten wir eine Art Notruf an unsere Chefin ab, dass die Kasse noch nahezu leer sei (Meine Mitstreiterin hatte inzwischen eine Creme verkauft.) Eine halbe Stunde später war sie da und ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. In den verbleibenden zweieinhalb Stunden schaffte sie es, eintausend Dollar in die Kasse zu spülen. Mir selbst gelang in den ganzen neun Stunden kein einziger Verkauf. Dementsprechend frustriert war ich am Ende des Tages. Meine Chefin versuchte mich aufzumuntern: „Es war heute kein leichter Tag. Die Wochenenden sind deutlich besser. Du musst einfach Geduld haben.“
Doch die hatte sie offensichtlich selber nicht, denn zwei Tage später erhielt ich eine SMS mit der Botschaft, dass sie „in naher Zukunft“ meine Hilfe nicht mehr benötigen würden. Ich glaube, so erleichtert werde ich nie wieder über eine Kündigung sein.
Also war ich schon wieder arbeitslos. Und was macht man als ordentlicher Arbeitsloser, ohne Geld, Beschäftigung und Motivation? Genau – lange schlafen, saufen und von Sozialhilfe leben. Doch selbst diese Grundrechte blieben mir verwehrt. Ausschlafen ging nicht, da jeden Morgen draußen die Presslufthämmer der Bauarbeiter mit den Schnarchern in unserem Zehn-Bett-Zimmer um die Wette dröhnten. Alkohol ist schlicht und ergreifend zu teuer und von Hartz IV haben die Australier auch noch nichts gehört. Mist. Nach ein paar Tagen, in denen ich meine hart erarbeitete Arbeitslosigkeit mehr oder weniger auskostete (siehe Foto unten), ging mir langsam auf, dass mir wohl nichts Anderes übrig bleiben würde, als wieder auf Jobsuche zu gehen.

Ansicht eines Arbeitslosen: Unkontrollierter Bartwuchs, Strubbelhaar, Augenringe, leicht irrer Blick

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