Dienstag, 29. November 2011

Towel & Bleach

Was man nicht alles tut, um in Australien über die Runden zu kommen. Da stellt man sich in ein Kaufhaus und belästigt wehrlose Leute. Oder man läuft in Melbourne jeden Tag fünfzehn Kilometer von Restaurant zu Restaurant und sammelt Speisekarten ein. Oder – der neueste Schrei – man kratzt Schimmel von Zimmerdecken und reinigt Toiletten und Duschen. Ja, Nils und ich haben unsere Hausfrauenseite entdeckt. Doch das geschah nicht aus purer Freude am Putzen, sondern aufgrund des Bedürfnisses, uns den Aufenthalt in Hobart zu finanzieren. So kam es, dass wir mit der ehrenhaften Aufgabe betraut wurden, über zwei Tage verteilt alle zehn Badezimmer unseres Hostels zu reinigen. Das erklärt auch die Überschrift: Was sich nämlich wie eine renommierte New Yorker Anwaltskanzlei oder ein englisches Ermittlerduo in einer neuen Krimiserie anhört, waren in Wirklichkeit unsere zwei Hauptwaffen im Kampf gegen den Schmutz in unserem Hostel. Mit Eimern, Putztüchern („Towels“), Schwämmen, Bürsten, Scheuermilch, Bleichmittel („Bleach“), Desinfektionsspray und einer Leiter bewaffnet rückten wir dem Dreck zu Leibe. Und davon gab es reichlich. Wobei wir feststellen mussten, dass Frauen doch größere Schweine als Männer sind, jedenfalls was das Verhalten im Badezimmer anbelangt. Auf dem Boden lagen Abschminktücher verstreut, das Waschbecken strotzte vor langen Haaren und überall klebten Kaugummis. Dazu kam noch der appetitliche Schimmel an der Decke, der bei mir unangenehme Erinnerungen an vergessene Brotbüchsen im Schulranzen hervorrief*.
Aber was soll’s, wir erhielten für die zehneinhalb Stunden dauernde Schufterei fünf kostenlose Übernachtungen und 60 Dollar cash auf die Hand. Das entspricht einem Stundenlohn von umgerechnet 11,68 €. Na bitte, ist doch ganz ordentlich!
Am vergangenen Freitag hatte ich einen Tagesausflug in den Freycinet National Park an Tasmaniens Ostküste. Diese Tour und insbesondere ein spezieller Strand, den wir während des Ausflugs besuchten, waren für mich die Highlights in Tassie und einer der Hauptgründe, warum ich überhaupt hier herkommen wollte. Wineglass Bay (siehe Foto unten) gehört zu den zehn schönsten Stränden der Welt. Leider haben die Tasmanier nicht allzu viel von ihren traumhaften Stränden, weil die Wassertemperaturen über die meiste Zeit des Jahres viel zu kalt zum Baden sind. Auch ich konnte nicht ins Wasser, doch dafür genoss ich die tolle Landschaft umso mehr. Auf dem Rückweg legten wir dann noch einen Zwischenstopp bei einer Beerenfarm ein, wo ich das beste Eis (Heidelbeere und – gar nicht fruchtig – Schokolade) seit langem aß.
Zwei tolle Wochen in Tasmanien neigen sich nun dem Ende zu. Am Donnerstag fliegen wir zwei rastlose Packesel nach Brisbane weiter. Dort wartet endlich die lang ersehnte Wärme auf uns. Kein Wunder, denn wir fliegen vom 42. zum 27. Breitengrad. Auf der Nordhalbkugel würde dieser Trip einer Reise von Korsika bis ins Herz der Sahara oder von Chicago in Illinois nach Tampa in Florida entsprechen. Als ich gestern nach Hostels in Brisbane suchte, stellte ich dann auch erfreut fest, dass anscheinend im subtropischen Queensland ein Swimming Pool zur Standardausstattung eines jeden Hostels gehört. Halleluja!

*Kleine Anekdote: Ich habe mal eine Scheibe Brot mit Leberwurst über die Sommerferien in meiner Schultasche liegen lassen. Das Ergebnis dieses unfreiwilligen Experiments hätte wahrscheinlich jeden Biologen in Verzückung versetzt. Nicht nachmachen!

Zu unseren Aufgaben als Putzkräfte gehörte es auch, einen Gefrierschrank zu enteisen - natürlich australisch-improvisiert mit einem Föhn

Lagunen im Freycinet National Park

Ausblick auf dem Weg zur Wineglass Bay

Wineglass Bay aus der Ferne. Näher bin ich aus Zeitgründen leider nicht heran gekommen
Alle wollen dieses EINE Foto...

Spektakuläre Gesteinsformationen im Nationalpark

Sleepy Bay. Flechten sind für die orangefarbenen Felsen verantwortlich

Dieser Ausflug war die Belohnung für zwei Tage Schimmelschippen und Haarehorten

Die Belohnung für die Belohnung...

Wäschetrocknen auf Backpacker-Art: Improvisierte Wäscheleine

8 Kommentare:

  1. Brisbane, na endlich :) Also vorgestern hatten wir 35°C also JA es ist sehr warm hier :) Gebt Acht vor den gefährlichen Fröschen! Ansonsten guten Flug :) Ich freu mich auf euch.

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  2. Die Bilder sind ja paradiesisch...für ein wenig Wärme würde ich glatt bei euren Putzaktivitäten mitmachen:-)

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  3. Das war doch bestimmt keine Leberwurst. Die hast Du doch gar nicht gemocht. Wahrscheinlich hast Du gar nicht mehr erkannt, was es war. Im Nachhinein noch einen Rüffel für das vergessene Schulbrot.

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  4. Tolle Fotos, da freue ich mich schon richtig auf meinen Trip im nächsten Jahr auf die andere Seite dieser Kugel

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  5. Hey Paul,
    die Bilder sehen super aus.
    Das steigert meine Vorfreude auf meinen Neuseelandtrip um einiges ;-)
    Es macht immer wieder Spaß deinen Blog zu lesen. Ich hoffe du vernachlässigst das nicht, weil du zu sehr mit Putzen beschäftigt bist ;-)

    Viele Grüße ans andere Ende der Welt

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  6. Ich kann mich noch an das Leberwurstbrot erinnern! Das sah dann aus wie Kartoffelsalat... ;D

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  7. Super Paul, wozu du alles fähig bist! Ich wusste es schon immer, dass du über deinen eigenen Schatten springen kannst! Du hast dir ein tolles unvergessliches Abenteuer geschaffen. Opa bewundert dich. Tolle Fotos und treffende Kommentare.
    DOR

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  8. Tolle Landschaft und verdiente Belohnung für den haarigen Job. Was wohl deine Schwestern sagen werden?

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